Manfred Richter
Aus: Sląska RePubklika Uzconych/Schlesische Gelehrtenrepublik/Sleszská Vêdecká Obec 2016
Es wird mit diesem Beitrag der unmittelbare Bezug zu Schlesien verlassen. Gleichsam wird über den Zaun der Grenzlinie zwischen dem damaligen Niederschlesien und dem damaligen Großpolen geblickt, in Richtung Osten. Doch nicht sehr weit: auf halber Strecke von Wrocław nach Poznań liegt Leszno. Auch wenn hier Kontakte zwischen Leszno1 und dem damaligen Schlesien nur in einigen Fällen nachgezeichnet werden können, mag es im Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt Wrocław angezeigt sein, nicht nur deren europaweite Beziehungen zu beachten, sondern auch die der vergleichsweise kleineren, gleichwohl für damalige Verhältnisse in mehrfacher Hinsicht beachtlichen altpolnischen Stadt in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. Hierbei soll der Schwerpunkt auf ihrem, neben anderen2, bedeutendsten Gelehrten liegen, dem späteren Bischof der Brüderkirche, Jan Amos Komenský, der sich als Gelehrter Comenius nannte.3 Es soll hier zunächst ein kurzer Abriss seiner Herkunft gegeben werden und eine Kennzeichnung der Stadt Leszno zu damaliger Zeit. Die praktische gelehrte Tätigkeit wie auch das umfangreiche und vieldimensionale wissenschaftliche Werk des Comenius seiner Jahre in Leszno4 kann hier nur überblicksmäßig markiert werden, versehen zum Abschluss mit einem Ausblick auf das Spätwerk im nächsten Exil, Amsterdam, und Anmerkungen zur Rezeptionsgeschichte.5
JAN AMOS KOMENSKÝ – HERKUNFT, BILDUNG, ERSTE SCHRIFTEN
- In das schon jenseits der Grenzen der Länder der böhmischen Krone in Polen gelegene Leszno gelangte Jan Amos Komenský als Exulant, aus Böhmen-Mähren vertrieben durch die Verneuerte Landesordnung Ferdinands II. von 1627/1628. Sie führte dazu, dass unter dem andernfalls drohenden Zwang zur Rekatholisierung Tausende von Adeligen und Zehntausende von Gläubigen, die einer der evangelischen Kirchen angehörten6, das Land verließen, in dem sie bis dahin die Majorität gebildet hatten7, wie dies ähnlich zuvor auch in den österreichischen Kernlanden8 und weithin in den niederschlesischen Landen9 der Fall war.
- Dieses Schicksal ereilte 1628 auch den jungen Jan Amos, der vor dieser Zeit, zuletzt 1618-1621 Pfarrer der Brüderkirche in Fulnek, im grenznahen nordöstlichen Mähren gelegen, dort schon durch Einfälle spanischer Soldaten und die hierbei ausgelöste Pest seine erste Frau und zwei kleine Kinder verloren hatte.10Früh zum Waisen geworden, bei Verwandten aufgewachsen und verspätet zum Schulbesuch gelangt, hatte er sich bei der Latein-Schule der Brüderunität in Přerov so bewährt, dass er 1611-1613 zum Studium an reformierte Hochschulen in Deutschland geschickt worden war, wo er hervorragende Lehrer hatte11. Mit dem noch jungen Professor Johannes Alsted, mit dem ihn bald Freundschaft verband, vertiefte er sich in der Hohen Schule zu Herborn12, außer in die Fragen der systematischen Theologie und Philosophie13, in die Probleme einer das Wissen der Zeit zusammenfassenden Enzyklopädie sowie der Erfassung von Sachen in Wörtern14, und dies auch seiner Muttersprache, des Tschechischen. Von Johann Fischer (Piscator) wurde er in die Exegese eingeführt, einschließlich der Versuche zu apokalyptischer Endzeitberechnung, die ihn hierzu auf das Ende seines Jahrhunderts verwiesen. Weiterer Studienort, nach einer Exkursion in die Niederlande nach Amsterdam (das ihm zuletzt noch Heimstätte werden sollte), war Heidelberg, der Sitz des Kurfürsten von der Pfalz, zugleich Sprecher der reformierten Reichsstände, in ehelicher Verbindung mit einer Tochter der schottischen Stuarts.15 Die Hochzeit des Kurfürsten wurde soeben glanzvoll in London wie auf Festschiffen auf dem Rhein und dem Neckar in Heidelberg begangen und der Student erlebte es mit. Hier war er Schüler des Vordenkers einer protestantischen Union, des Irenikers David Pareus16. Nachdem er sich noch mit letztem Handgeld ein dort erhältliches MS von des Kopernikus De revolutionibusorbium caelestium erworben hatte, kehrte er wohlausgebildet über Prag, wo er Brüderbischof Cyrill antraf, zurück.
- Seine Kirche machte ihn sogleich zum Leiter seiner eben verlassenen Přerover Schule.17 Und nachdem er zum Priester geweiht war – auch hatte er erste Schriften veröffentlicht –, wurde er in Fulnek eingesetzt, wohl weil dort eine zweisprachige Gemeinde zu betreuen war: in Tschechisch und Deutsch. Schon hier musste er sich teilweise verbergen wegen der Agitation gegen evangelische Geistliche, wie auch seine erste Bibliothek in Flammen untergegangen war18. So sandte er ergreifende Trostbriefe19 an seine Frau. Nach ihrem Tod und dem der Kinder 1622 begann eine Phase der Existenz im Untergrund im Schutze von Adeligen. Hier entstand bereits sein erstes Meisterwerk, das als Perle der tschechischen, ja der Welt- Literatur gefeiert wird: die allegorische Dichtung Labyrinth der Welt und Paradies des Herzens20. Auch hatte er, seit 1624 in zweiter Ehe verheiratet mit Dorothea Cyrillová, Tochter eines der beiden ev. Bischöfe, die Friedrich als böhmischen König eingesegnet hatten, Botschaften seiner Kirche an diesen über die Höfe in Berlin und den Haag zu vermitteln21. Darunter waren Visionen des aus Görlitz stammenden Gerbers Christoph Kotter in Sprottau, eines Laien, die Aufmerksamkeit erregten, da sie Veränderungen der politischen Landschaft zugunsten der Protestanten ankündigten.22 In Görlitz, wo er einen Angehörigen der Familie Żerotin aufsuchte, konnte er Jakob Böhme nicht mehr antreffen23, den Schuster und sich selbst bildenden Laien, der die göttlichen Geheimnisse in seiner Muttersprache formulierte (Hegel würdigte ihn als ersten deutschen Philosophen). Abraham von Franckenberg24 hatte ihm ein Grabkreuz mit mystischer Inschrift errichten lassen25. Comenius schätzte Böhme lebenslang und dürfte dessen Schrift Aurora oder die Morgenröte (1612) als Verheißung auch für seinen eigenen Weg und Auftrag verstanden haben. In Sprottau (Kotter war gerade an den Berliner Hof gerufen, wie auch Friedrich V. ihn schon 1620 zweimal nach Breslau zu sich gerufen hatte26) traf er auf dessen Freund und eigenen Herborner Studienkollegen, den dortigen Pfarrer Abraham Mentzel, der diesem Kreis verbunden war.27So hatte Komenský schon von Böhmen aus Kontakte in benachbarte schlesische Regionen aufgenommen, die ihm wesentliche Impulse aus mystisch-spekulativen Kreisen vermittelt hatten, als er im Februar 1628, die Bedrängnis der Evangelischen war immer heftiger geworden, heimlich und eilig mit mehreren Priesterkollegen und einer um die Tausend großen Zahl von Gemeindegliedern auf schneebedeckten Pfaden ins nicht weit entfernte Leszno in Großpolen auswanderte. Zuvor hatte man mögliche Zielorte in Schlesien, Brandenburg und Polen sondiert und die Gastfreundschaft dieser Stadt angeboten bekommen, die man gerne annahm, nicht zuletzt ob ihrer Grenznähe und in Hoffnung auf baldige Rückkehr in die böhmische Heimat.
- DIE STADT LISSA/LESZNO28Es hatte ein Dorf Lissa gegeben, auf dessen Grundstück sein Besitzer, Graf Rafał Leszczyński, 1548 mit königlicher Erlaubnis eine Stadt begründete, die im folgenden Jahr das Magdeburger Recht übernahm. Da nach der Niederlage der im Schmalkaldischen Bund vereinigten Protestanten bei Mühlberg 1547 der Kaiser auch die Mitglieder der Brüderkirche, die in Böhmen-Mähren auf königlichen Gütern gesiedelt hatten, vertrieb, kam ein Teil von ihnen als Flüchtlinge schon damals nach Leszno, wo sie vom reformatorisch gesinnten Stadtherrn aus der Magnatenfamilie Leszszyński freundlich aufgenommen wurden. Der Nachfolger wurde selber Mitglied der Brüderunität und überließ ihnen die zuvor katholische Nikolauskirche.29 Die Einwanderer erwiesen sich als hilfreich beim Ausbau der Stadt, die Brüder dürften schon damals ein Drittel der ca. 2000 Einwohner umfasst haben, wobei schlesische lutherische Einwanderer sich ihnen ebenfalls anschlossen. Die von den an gutem Bildungswesen interessierten Brüdern bereits seit 1565 betriebene Schule wurde von dem Nachfolger, Andrzej Leszczyński, nach dem Muster der Schule Johannes Sturms in Straßburg gefördert und erhielt an verschiedenen europäischen Universitäten ausgebildete Lehrer. Schließlich hob es der nachfolgende Rafał VII auf das Niveau eines bald in ganz Polen angesehenen Gymnasiums.30So konnten nun die Abgesandten der verfolgten Brüder mit Komenský die Übersiedlung von Böhmen-Mähren vereinbaren, die ab 1628 »rund 1500-2000« Mitglieder von ihnen neu in die Stadt brachte. Zusätzlich flohen schlesische Lutheraner aus im Dreißigjährigen Krieg heimgesuchten Regionen hierher31, so dass »nach vorsichtigen Schätzungen« Mitte des 17. Jh. hier »rund 14 000 Menschen« lebten, »von denen sich etwa 9000 zur Brüderkirche oder zum Luthertum bekannten«.32 Brachten die Brüder ohnehin einen irenischen Geist des Zusammenlebens von Christen verschiedener Konfession mit, was im Schulbereich durch die Zusammenarbeit mit den Lutheranern von diesen anerkannt war33, so bildete dies die geeignete Voraussetzung, dass eine außerordentliche Maßnahme des Grafen Bogusław34 sich umsetzen konnte: die durch Dekret 1637 in einer neuen Stadtordnung festgelegte Gleichberechtigung aller Konfessionen, einschließlich des Zugangs zu städtischen Ämtern.
- So kam es zu einer gewissermaßen multikulturellen Situation des Zusammenlebens zwischen den hier ansässig gewordenen Katholiken, Protestanten und Juden, die Polen, Tschechen und Deutsche waren.35 Es ist von dem »hohen intellektuellen Niveau vieler Neubürger« seit der böhmischen Einwanderung die Rede, und das Brüdergymnasium »entwickelte sich zu einer der besten Schulen der Adelsrepublik«36, so dass man es mit denen in Toruń und Gdańsk [Thorn und Danzig.] verglich, und gar Leszno den Beinamen eines »Athen des Nordens« erhielt. Die Brüder trugen zum »regen wissenschaftlichen Austausch«37 bei.
- Dazu verhalf nicht zuletzt die Tatsache, dass es ihnen gelungen war, die Druckerei, in der auch die berühmte Kralitzer Bibel gedruckt worden war, mit ins Exil nach Leszno zu schaffen. So wurde der Ort zu einer wichtigen Stätte des Buchverlags. »Die wichtigsten wissenschaftlichen Arbeiten des Johannes Amos Comenius entstanden in Leszno. Diese Stadt war im 17. Jh. eines der wichtigsten Verlagszentren in Großpolen. Die Verlagsbewegung entstand mit der Ankunft der Böhmischen Brüder und entwickelte sich dann unter deren aktiver Beteiligung. Das Klima der intellektuellen Belebung von Leszno ging mit der hiesigen Verlagsbewegung einher, was zur Pracht der Stadt beitrug.«38ANFÄNGE DER TÄTIGKEIT IN SCHULE UND KIRCHE IN LESZNO
- Comenius war nicht der einzige Geistliche unter den Emigranten. Es war nicht leicht, für alle geeignete Tätigkeiten zu vermitteln. Lieber hätte er sich gleich begonnenen wissenschaftlichen Arbeiten zugewandt, doch wurde er zunächst in einfache Schulgeschäfte, auch bei Kindern, »zurückgeworfen« (»retrusus«), klagt er einmal. Gerade das half ihm, weitere Erfahrungen in schulischer Praxis zu machen, nach dem Lateinunterricht, den er schon seit Přerov zu reflektieren begonnen hatte. Zug um Zug wurde ihm die Schulleitung auferlegt, auch der Ausgleich der elterlichen Interessen zwischen den Konfessionen.39In diesen ersten Jahren versuchte er Grundlagen seines Denkens auch philosophisch zu formulieren40. Er sucht den Kontakt zu dem ihm hoch verehrlichen Johann Valentin Andreae (dessen Schriften wie Christianopolis und auch die zu den Rosenkreuzern sich in seinem Labyrinth der Welt niedergeschlagen hatten), um ihn zu bitten, ihn in seine Gelehrten-Geheimgesellschaft aufzunehmen.41 Frühe Meisterwerke für den pädagogischen Bereich erstehen bereits in diesen ersten Lesznoer Jahren: seine erste, die noch tschechisch geschriebene Didaktik42, sein lateinisches Sprachunterrrichtsbuch Janua linguarum reserata (Die geöffnete Sprachentür) 43 und die erste Unterweisung für das vorschulische Kindesalter überhaupt (er war inzwischen erneut Vater zweier Kinder, der Töchter Dorothea und Elisabeth, geworden, geb. 1626 bzw. 1628): das bis heute von Müttern und Kindergartenerzieherinnen hoch geschätzte Büchlein Informatorium školy materšké44. Schließlich schuf er auch noch für den naturwissenschaftlichen Unterricht ein Werk, Physicae ad lumen divinum reformatae synopsis 45.
- Inzwischen hatten sich durch den Eintritt der Schweden unter König Gustav Adolf in den Krieg die Verhältnisse auf dem Festland zugunsten der Protestanten verändert. Die böhmischen Exulanten sahen ihre Hoffnungen auf Rückkehr belebt. Comenius schrieb eine Posaune des Gnadenjahrs46 und er sah heraufkommen einen Haggaeus redivivus, der die Verheißungen der Wiederherstellung seines Volks erfüllt.47 Noch im selben Jahr des Erscheinens fiel jedoch Gustav Adolf, zugleich mit ihm die Aussicht auf Rückkehr.
- Jetzt ließ sich Komeński vom Grafen ermuntern, von der heimischen Sprache zu der der Wissenschaftler überzugehen: er musste nunmehr nicht primär an die Rückkehr in die verlassene tschechische Heimat denken, sondern an sein Verbleiben in Polen, das er nun als seine zweite Heimat erkannte48 – ja, an Europa insgesamt, wo sich sein Ruhm von den Sprachlehrbüchern her ausbreitete. Seither nennt er sich selber, das Anraten des ihn fördernden Stadtherren aufnehmend, Comenius.49Auch seine Kirche hatte an ihn Anforderungen gestellt. Seit 1632 ist er zu einem der geistlichen Senioren bestellt, was hier ein geistliches Bischofsamt bedeutet.50 Man übergab ihm die Aufgabe der Schriftführung der Kirchenangelegenheiten (wobei sich Leszno zum Mittelpunkt sowohl der im Lande schon länger weilenden polnisch-sprachigen wie der tschechisch-sprachigen Brüderkirche im Exil entwickelte)51. Das schloss die Aufgabe der Historiographie ein. So erstellt er eine Historia persecutionum ecclesiae Bohemicae52.
- Er betont hier frühe Martyrien, darunter die der hl. Ludmilla, des hl. Wenzel, des hl. Adalbert, jeweils mit ihren Genossen, sei es slawischer oder germanischer Herkunft, und die ersten Konflikte mit dem Papsttum seit der Jahrtausendwende. Sie bilden das Vorspiel zur später folgenden Geschichte von Jan Hus und Hieronymus von Prag und zu den Verfolgungen, denen die hussitische Bewegung insgesamt und die aus ihr erwachsene Brüderkirche selbst bis zur Gegenwart mit nur wenigen Jahren Unterbrechung ausgesetzt war. Dann wird zwar die Befriedung unter Maximilian und die »volle Freiheit« unter Rudolph gewürdigt (Kap. XXXIX-XL), worauf sogleich wieder »novae sub Matthia hostium machinationes« folgten und seitdem unter dem »dem böhmischen Volk aufgezwungenen« König Ferdinand horrende Verfolgungen und Gewaltmaßnahmen gegen die evangelisch Gläubigen. Diese sind in den folgenden 50 Kapiteln im Einzelnen geschildert. Schließlich wird in den restlichen Kapiteln (XCI-XCVII) aufgewiesen, wie seit 1624 nach Erlass der Articuli ex instructione capitaneis districtuum die Rekatholisierungen der Städte und Bezirke gewaltsam durchgeführt wurden. Diese erschütternde Schrift legte er 1647/1648, vor dem für die Exulanten dann so enttäuschenden Westfälischen Frieden, als eine Erinnerungs- und zugleich Anklageschrift an die Mächte lateinisch im Druck auf.
- ARBEIT AN EINER NEUEN WISSENSCHAFTSTHEORIE: PANSOPHIA CHRISTIANA
- Die bisher genannten Arbeiten zu Erziehungs- und Unterrichtsreform (Didaktik, Sprachlehrbücher, naturwissenschaftlicher Unterricht) sind aus der Sicht des Comenius keineswegs nur als besser praktikable Handbücher zu verstehen, wie sie bislang von anderen Pädagogen auch schon vorgelegt wurden.53 Wie seine frühen Bemühungen um wissenschaftliche Gesamtschau der Welt zeigten – »theatrum universitatis rerum« –, wozu er schon bei Alsted inspiriert worden war, ging es ihm um eine theologisch wie philosophisch begründete Ordnung der Dinge, auf die hin alle Erziehungs- und Schulprogramme bezogen sein müssten. Der Mensch muss sich, gleichsam als »Vizegott«, um die Schöpfung verantwortlich wissen.54 In diesem Anspruch, der in der Jugenderziehung und Bildung des Menschen aufs »Ganze« gehen muss, auf das ΠAN55, ist impliziert das Erfordernis einer Suche nach einer »Pansophie«.56 Ohne auf die Vorgeschichte dieser Fragestellung hier eingehen zu können, seien zwei Kontexte aus der Arbeit des Comenius in jenen Lesznoer Jahren hervorgehoben.Der eine hängt mit den Sprachlehrbüchern zusammen. Hier geht es ihm um den Zusammenhang zwischen den Wörtern und den Sachen, den verba und den res. Er sah Anlass, sich von der humanistischen Überschätzung glanzvoller Rhetorik und von einem allzu sehr am schicklichen und geschickten Gebrauch der Wörter orientierten Bildungsideal abzuwenden und sich der konkreten Anschauung der Sachen zuzuwenden.57 Doch dabei musste es ihm um deren Ordnung im Gesamtplan der Schöpfung zu tun sein. So korrigierte er Sprachlehrbücher, die er vorfand, in denen er eben diese vorauslaufende Besinnung vermisste.58 So trägt seine Janua linguarum reserata von 163159 bereits den bemerkenswerten Untertitel Seminarium linguarumet scientiarum omnium und die Erläuterung: »Hoc est Compendiosa Latinam (et quamlibet aliam) linguam una cum scientiarum artiumque omnium fundamentis perdiscendi Methodus«. Und es wird ergänzt: »sub titulis centum, periodis autem mille comprehensa«. Es geht also um eine Methode (er legte stets auf eine konsequente und zielführende Methodik Wert), die über das Lateinische hinaus auch für jede beliebige andere Sprache nützlich zu gebrauchen ist. Vor allem aber darum, dass die in ihren nach 100 Kapiteln und 1000 Untertiteln gegliederte inhaltliche Anlage einen Zugang zu den Sachen selbst60 ermöglichen soll, somit für eine geordnete Erkenntnis der Dinge61 im Ganzen, wie die runden Zahlen andeuten.62Zum anderen geht es also, über die Darlegung der Sprachen-Problematik hinaus, um eine Bemühung um die res. Erst posthum kommt es, nach Zwischenformen, zu einer Veröffentlichung seiner Metaphysik, an der er mit Unterbrechungen und in varianten Ausarbeitungen gearbeitet hat, nach einer Sichtung seiner Manuskripte, mit der lange geplanten Janua rerum.63 Hingegen ist bereits in den 1630er Jahren zu Leszno eine wissenschaftliche Programmschrift entstanden, die sein pansophisches Konzept in ersten Umrissen enthielt64. Und hier ist sogleich von einem internationalen Korrespondenznetzwerk zu reden, das sich mittlerweile zwischen Leszno und vielen anderen Orten bis nach London hin entwickelt hatte.65 Und es war in London, wo dieses Konzept mit Begeisterung aufgenommen wurde.
- Als internes Skript gedacht, übersandte er es dem einst in Elbing/Ebląg, nun in England lebenden schottischen Freund, Samuel Hartlib, der seinerseits mit dem in Leszno lebenden ebenfalls schottischen Arzt John Johnston befreundet war, über den dieser Kontakt entstanden sein dürfte.66 Hartlib war, wie andere Wissenschaftler auch in England, inspiriert durch einen entsprechenden Freundeskreis, als er in Elbing lebte67, an den Bemühungen um allgemeine Gesellschaftsreform interessiert, die das Zeitalter an verschiedenen Gelehrtenzentren beschäftigten. So schlug des Comenius Schrift dort wie ein Blitz ein. Und ohne Rücksprache mit dem Autor gab Hartlib sie sogleich zum Druck, wo sie unter dem Titel Conatuum Comenianorum praeludia … 1637 in Oxford erschien. Die Erläuterung: »Die erschlossene Pforte zur Weisheit oder Pflanzstätte einer christlichen Pansophie … eine neue gekürzte und gediegene Methode, alle Wissenschaften und Künste und alles Offenbare und Verborgene … kürzer, richtiger und besser als bisher zu erlernen«68 – Prodromus Pansophiae»in quo admirandi illius et vere incomparabilis operis necessitas, possibilitas, utilitas – solide, perspicue et eleganter demonstratur«. Bereits hier sehen wir die durchgängige Dreiheit der Aspekte jeder Aussage, die das neue Wissenschaftssystem kennzeichnen wird – in einer dreifach bestimmten dynamischen Harmonie: Notwendigkeit, Möglichkeit und Nützlichkeit greifen bei dem unvermeidlichen pansophischen Werk ineinander. Die dreifache Prägung von allem (Archetypos – Ektypos – Antitypos) erfordert und ermöglicht die umfassende Harmonie aller Dinge. Es ist der Weg der allseitigen Zusammenführung aller Erkenntnis zu gehen, die die verschiedenen Wissenschaften erbrachten, aber bislang nur in Zerklüftung: die der Natur (Paracelsus, Galilei, Bacon), der Philosophie (Aristoteliker, Neoplatoniker, Campanella), der Politik (Machiavelli, Hobbes) und auch der Theologie (Neo-Scholastik – diese übrigens in beiden Konfessionen). Dies bedeutet für jede dieser Disziplinen eine Herausforderung (nicht am geringsten für die Theologie!). Aber: für alle hat Gott ein dreifaches Buch gegeben: der Natur, der Hl. Schrift und des menschlichen Geistes. In Synopse gelesen vermögen sie zur harmonischen Wahrheit zu führen. Dazu kann jede Ansicht beitragen, auch die Rabbiner, auch die Heiden.69 Aufrechte, lautere Wissenschaftler sollen sich zusammenschließen zu dieser Wahrheitssuche, die zugleich der Reform der Gesellschaft in ihren verschiedenen Bereichen zugutekommen soll, und dabei, nicht zuletzt, die konfessionellen Feindschaften, die sich auf dem Kontinent kriegerisch austoben, minimieren – die Idee der Akademie als gesellschaftserneuernde Triebkraft.
- ZWISCHENSPIELE: LONDON, BEGEGNUNG MIT DESCARTES, EINLADUNGEN
- Es ist ein durchaus revolutionäres Programm, das in England bereits Aufsehen erregt und an unterschiedlichen Orten beachtet wird. So will man in London diesen Mann selber hören, auch Parlamentsangehörige, auch Kirchenleute wollen dies.70 Er macht sich auf den Weg. Und trifft sie an, verschiedene Fachgelehrte auch aus Deutschland, Freunde Hartlibs dabei. Man will ein collegium lucis begründen. Ein Gebäude und Finanzierungsmöglichkeiten stehen bereit. Da macht der Bürgerkrieg in Irland dem Friedensprojekt den Garaus.
- Nun hinterlässt Comenius seinen Freunden – und er schließt mit Hartlib und Dury noch einen Freundschaftsbund, der sie zur gemeinsamen Weiterarbeit am pansophischen Projekt verpflichtet – eine weitere Programmschrift: Via lucis71. Hier kommt die geschichtsphilosophische bzw. heilsgeschichtliche Betrachtung ins Spiel. Die Zeit sei reif – nicht zuletzt durch die neuen Kommunikationsmittel und die Seeschifffahrt, die die Menschen zunehmend zusammenführen – für das pansophische Gesellschafts-Erneuerungsprojekt. Die Aufgaben des collegium lucis werden präzisiert.72Noch vor der Rückkehr, zunächst ist er nach Holland von Freunden eingeladen73, erreichen ihn Einladungen verschiedenster Seiten für ebensolche Tätigkeit: aus Harvard; in der »Neuen Welt«; aus Paris von Richelieu; von holländischen Professoren, aus deutschen Städten, von polnischen Adeligen. Er nimmt ein Angebot von Schweden an – auch wenn es dort nur um Schulbuch-Erstellung und Unterrichtsreform geht. Die Freunde machten ihm Vorhaltungen deswegen. Er tat es jedoch, weil er hoffte, mit dem Dienst für Schweden dessen Hilfe für die Rückgewinnung der böhmischen Heimat zu erlangen.
- ZWISCHEN SCHWEDEN UND POLEN
- Für diese Aufgabe wählte Comenius, statt ganz nach Schweden zu gehen, Elbląg [Elbing ?], den zur Zeit Schweden unterstehenden, doch in Polen befindlichen Ostsee-Ort. Dorthin holt er seine Familie nach. Die Aufgaben, die er übernommen hatte, und für die er Ausgleichszahlungen an seine Kirche wie auch für seine eigenen Vorhaben von dem in Schweden als protestantischer Exulant lebenden Waffenhändler aus Lüttich, Louis de Geer, erhielt74, waren mit dem Kanzler der schwedischen Krone, Oxenstierna abgesprochen. Auch Königin Christine hatte er in Stockholm getroffen: sie erkannte, dass sie aus des Comenius Sprachenlehrbuch Latein gelernt hatte!
- Doch kaum hatte er in Elbląg [Elbing] Wohnsitz genommen, wird er von Seiten eines reformierten Pfarrerkollegen aus Gdańsk [Danzig] angesprochen, im Namen des polnischen Königs. Der wolle ein Religionsgespräch zur Versöhnung der Konfessionen durchführen, Comenius solle mitwirken auf der Seite der Protestanten.75 Sein pansophisches Programm habe den Königsberater in Religionsfragen, Pater OFM Cap. Massimiliano Magni, sehr angesprochen (er habe es über Mersenne kennengelernt). Der habe ihn, Bartholomaeus Nigrinus, gebeten, ihm dies zu vermitteln. Denn er betrachte es als geeignete Basis, weiterzudenken zur Erneuerung einer christlichen Philosophie (die Aristoteles abstreifen müsse, wie auch Comenius es fordere) – und zum Religionsfrieden. Kurz, Comenius wird in ein innerpolnisches Thema einbezogen, dazu noch auf höchster Ebene, obgleich er in schwedischen Diensten steht, wo man das bald missbilligt, rivalisieren doch beide Mächte um die Herrschaft an der Ostsee. Es wird Comenius eine nicht leicht zu meisternde Balance kosten, diese Aufgabe ernsthaft anzutreten. Dennoch tat er es mit bewundernswertem Einsatz. Es kommt zur Niederschrift von herausragenden, bis heute exemplarischen, ökumenisch relevanten Schriften. Auch muss er den Anforderungen der schwedischen Seite wie auch der eigenen Kirche zuhause gerecht werden.76Ende 1648 wünscht seine schwer erkrankte Frau Dorothea eine Rückkehr nach Leszno, wo sie bald darauf verstarb77. Zugleich mit dieser Not muss er das für die böhmisch-mährischen Exulanten niederschmetternde Ergebnis des Westfälischen Friedens erleben: keine Rückkehr, keine Wiederherstellung. Die schwedische Schutzmacht hatte nachgegeben. Comenius machte Oxenstierna heftige Vorwürfe.78Des Comenius Niedergeschlagenheit war so groß, dass er in einer einzigartigen Geste ein Testament der sterbenden Mutter, der Kirche verfasste79. Dabei hatte man ihn gerade in dieser Notlage 1648 zum Leitenden Bischof gemacht. Hier bringt ein Theologe und Bischof seiner Kirche die Freiheit auf – wenn Gott etwas Neues schaffen wolle –, die eigene bisherige Kirchenstruktur freizugeben. Der Patriarch in der Rolle des Sterbenden Jakob gibt seinen Söhnen mit seinem Segen den Auftrag, sich in den Dienst anderer Kirchen zu stellen, um ihnen das Beste aus der eigenen Tradition zur Verfügung zu stellen. – Die Synode freilich mochte sich diesem Willen nicht fügen. So blieb Comenius die Aufgabe, seine bald wieder bedrängte Kirche zu stützen. Er tat es Zeit seines weiteren Lebens, und auch von seinem letzten Exil in Holland aus, auf vielfältige Weise.80RUF NACH SIEBENBÜRGEN UND NOCH EINMAL RÜCKKEHR NACH LESZNO
- Schon zu früheren Zeiten gab es Kontakte zwischen der mährischen Brüderunität in Polen und der, ebenfalls aus Exulanten bestehend, in Ungarn und Siebenbürgen. Gerade dort wollte man Comenius schon länger gerne auf den Professoren-Lehrstuhl in Alba Julia/ Stuhlweissenburg holen, den einst Alsted, dann ein anderer Schüler von ihm, Johann Heinrich Bisterfeld, eingenommen hatte. Es wäre für Comenius die Gelegenheit gewesen, den Lasten der Gemeindearbeit wie auch dem eigentlich bestehenden Mangel an universitärem Prestige zu entgehen. Dieses hatte er freilich längst überboten. Dabei hatte er alle seine Forschungen und Veröffentlichungen als einfacher Geistlicher unternommen, zudem ohne die Stütze einer Universitätsbibliothek.
- Nun wirkten politische, brüderisch-kirchliche wie pädagogische Gründe zusammen, die ihm auch die Genehmigung der heimischen Kirche ergaben, dem Ruf zu folgen, der vom Sitz der siebenbürgischen Fürstenfamilie Rakoczy ausgegangen war. Er sollte das Gymnasium am Fürstensitz, Saros Patak, in eine pansophische Schule umgestalten.81 Trotz seiner fulminanten Antrittsrede – Über den rechten Umgang mit Büchern, den Hauptwerkzeugen der Bildung – bereitet es ihm anfangs große Mühe, hier Verständnis für seine »pansophischen« Anlieƒgen zu finden82, die auf eine cultura universalis83 hinausliefen. Bis er auf eine schon in der Schule zu Leszno erkundete Möglichkeit verfiel, das Schultheater, niedergelegt in Schola ludus: der Inhalt der Schulbücher wird von Personen, von den Schülern selbst, dargestellt. Das begeisterte auch Gegner unter den Lehrerkollegen. Und noch eine Großtat an didaktischer Veröffentlichung wird hier vorbereitetet: der Orbis sensualium pictus, die Beschreibung der sichtbaren Welt in Bildern.84 Dieses Büchlein wird seinen Ruhm jahrhundertelang weitertragen. Es wird in allen möglichen Sprachkombinationen erscheinen. Wobei oft Variationen, ungefragt, vorgenommen wurden – von den jesuitischen »Korrekturen« und Ergänzungen »zum Schutze der Jugend« bis zu den »realistischen« Vergröberungen neuerer Zeit. Gerade das seit der Janua linguarum etablierte Prinzip der Ordnung der Dinge aus der Sicht des Ganzen wurde zumeist willkürlich verändert.85Nachdem es ihn dringlich nachhause zog, von Familie und Kirche zurückgefordert, schien ihm ein ruhigerer Lebensabschnitt beschieden – trotz aller amtskirchlichen Verpflichtungen und der intensiven persönlichen Forschungsarbeit. Er war nämlich mit der Niederschrift seines Hauptwerks befasst, jenes Werkes, dessen Titel er erstmals in einem Brief an seinen Protektor und Financier in Schweden, Louis de Geer, genannt hatte (der dieses jedoch garnicht goutieren wollte). Es geht um ein Werk, dessen Notwendigkeit ihm nicht zuletzt bei den Erfahrungen der Religionsgespräche in Polen Anfang der 1640er Jahre vor Augen trat: es müsse ein Werk sein, in das – nach allen »Vorläufern« – die umfassende Darlegung der Pansophie eingehen solle, um von daher die zeitgenössische Welt aufzurufen, in jene »Allgemeine Beratung für die Verbesserung der menschlichen Angelegenheiten« einzutreten. Daran hatte er, sowie er dafür frei war, seither gearbeitet. Nun kommt die Katastrophe über die Stadt, in der er seine »zweite Heimat« gefunden hatte. In den Wirren der Streitigkeiten um den polnischen Thron, den soeben Karl Gustav X. von Schweden eingenommen hatte86, der aber bald wiederum vertrieben wurde, wurde Leszno niedergebrannt.87 Gerade das Leben seiner Familie konnte er retten. Die Manuskripte, darunter auch seine lebenslang gepflegte Sammlung Thesaurus der tschechischen Sprache, verbrannten bis auf wenige Ausnahmen.88Er hätte ein neues Exil in Schlesien bei Freunden oder in Brandenburg beim Kurfürsten suchen können. Doch in Frankfurt/ Oder erreichte ihn die Einladung aus dem Hause de Geer, nun vom Juniorchef Laurentius, aus Amsterdam. Mit ihm hatte er ein ungetrübtes Verhältnis, so konnte er diese Einladung, auch an seine Familie, gerne annehmen. Über Hamburg und Groningen nahm er seinen Weg, unterwegs begrüßt von Gelehrten allenthalben.
- VERÖFFENTLICHUNGEN IN AMSTERDAM – KURZE HINWEISE
- Als Comenius in Amsterdam eingetroffen war, wo ihm Laurenz de Geer das Quartier freibot, erhielt er einen ehrenvollen Empfang auch beim Rat der Stadt, samt dem Angebot, die Bibliothek mit eigenem Schlüssel benutzen zu dürfen. War doch der Verlust seiner eigenen Bücher ein weiterer schmerzvoller Punkt, zusätzlich zu dem so vieler Manuskripte. Schon hatten ihm auch Freunde geholfen, durch Geschenke von Exemplaren seiner gedruckten Veröffentlichungen einen neuen Grundstock zu legen. Darüber hinaus legte der Rat der Stadt großen Wert darauf, dass die pädagogisch-didaktischen Werke des berühmten Gastes nicht, wie mit dem Orbis pictus schon begonnen, anderwärts in den Druck kamen, sondern er förderte sogleich eine Gesamtausgabe derselben. Sie fasste die Werke der verschiedenen Perioden in Leszno, Elbing und Saros Patak sowie nun in Amsterdam zusammen in einer Gesamtausgabe, die für die nächsten drei Jahrhunderte maßgeblich bleiben sollte.89Ohne auf weitere Umstände und Aspekte seiner letzten vierzehn Lebensjahre in Amsterdam einzugehen, seien nur noch die hauptsächlichen acht Schriftenkomplexe seiner hiesigen Veröffentlichungen aufgeführt. Es war nämlich eine weiterhin fruchtbare Arbeitsperiode: teils mit Rekonstruktionen oder Ausarbeitung verlorener Texte, teils mit Texten in neuen Konstellationen, darunter schweren Konflikten. Kein Wunder, dass ihn zuweilen Bedrückungen unterschiedlicher Art zu ermatten drohten.
- Der pädagogisch-didaktische Komplex gehörte zu den ersten neu gedruckten Arbeiten, gesammelt in der Ausgabe Opera Didactica Omnia. Hierbei sind durchaus auch z. T. die frühen pansophischen Schriften enthalten, was deren konzeptionelle Nähe zu diesem Bereich kundtut.90Ebenfalls sehr bald ging er die Sammlung der irenischen bzw. ökumenischen Schriften an, die als Regula fidei Judicium duplex, in Verbindung mit weiteren, erschienen, 1658.
- Ein ihn seit langem beschäftigender Komplex ist auch der der zeitgenössischen Visionen und Offenbarungen, zu deren Veröffentlichung, wie erwähnt, er sich verpflichtet sah: zwei Bände Lux in tenebris und Lux e tenebris (1657, 1665).
- Ihm misslich, wurde er von einem sozinianisch gesonnenen polnischen Exulanten in eine antisozinianische Kontroverse gedrängt, die allerdings ein äußerst wertvolles Konvolut von einschlägigen Schriften zur Folge hatte, in der Comenius, bislang von den Kirchen kaum gewürdigt, als Verfechter der Trinitätsthematik auftrat.91Dies hinderte nicht, dass er in Streit auch mit der reformierten Schulorthodoxie geriet in heftiger Auseinandersetzung etwa mit dem Theologen Samuel Maresius (1669), der dem inspirierenden Impuls, der von des Comenius Weltende-Naherwartung für diesen ausging, nichts abgewinnen konnte.
- Auch das politische Zeitgeschehen konnte ihn nicht ruhen lassen, ganz abgesehen davon, dass er sich stets um Sorgen auch seiner Heimatgemeinden bemühen musste92. So wandte er sich u. a. in Schriften zum Frieden an den Deutschen Reichstag zu Regensburg und an die Gesandten der Seemächte Holland und England nach Breda: Letzte Posaun über Deutschland (1663), Vernunft-Schluß (Syllogismus practicus) (1665), Angelus Pacis (1667).
- Neben all dem muss aber sein eigentliches Arbeitsvorhaben erwähnt werden, sein zusammenfassendes pansophisches Werk, an dem er seit 1645 arbeitete, und von dem er nur die ersten beiden Teile schon 1656 hatte herausbringen können. Am Rest arbeitete er immer weiter, ohne es am Ende noch abschließen zu können. Sein Titel war schon aufsehenerregend genug: De rerum humanarum emendatione consultatio catholica. Zu ihr lud er im Vorspruch als erstes die Lumina Europae ein, also die Kollegen in der Gelehrtenwelt, die er bittet, bei allen ihren möglichen Bedenken (auch solchen gegen seine eschatologische Naherwartung!) dabei zusammenzuwirken und Verbesserungen zu seinem Plan einzubringen.
- Die sieben Hauptteile sind so überschrieben, dass sie durch ihre Überschriften je den universalen Anspruch erkennen lassen:
- Panegersia (die sich letztlich an das gesamte genus humanum richtet)
- Panaugia (die Lehre vom universalen, alles durchströmenden Licht)
- Pansophia oder Pantaxia (Natur und Kultur als Erkenntnis- und heilsgeschichtlich geordnete Gestaltungs-Aufgabe, in VIII gradus dargestellt)
- Pampaedia (die Rolle des Menschen und seine Erziehung betreffend)
- Panglottia (Suche nach einer Sprache zur universalen Kommunikation)
- Panorthosia (die mit diesen Mitteln ermöglichte »Wiederherstellung«)
- Pannuthesia (Aufruf, den heilsgeschichtlichen Kairos wahrzunehmen).
Ein Lexicon reale pansophicum ist dem Konsultationswerk beigegeben.93Zwei Jahre vor seinem Tod war es ihm noch vergönnt, einen Rückblick auf sein Leben niederzuschreiben: Unum necessarium – eine biographische Fundgrube94 und ein Meisterwerk zugleich, worin er seine eigenen »Labyrinthe« schildert und, auch selbstkritisch, die Konzentration auf »das Eine, das nottut« ( Lukas 10, 42) fordert.
Das Übrige musste die Nachwelt übernehmen – zunächst sein Sohn Daniel, aber nur um es in fähige Hände zu übergeben.95EIN GELEHRTER, DER IN VERGESSENHEIT GERIET – UND WIEDER ENTDECKT WURDE96Während philosophiegeschichtlich gesehen die bedeutsame Wirkung auf Georg Wilhelm Leibniz, den europaweit bewunderten Universalgelehrten, den Rang des Comenius schon allein verdeutlicht, kam es im Zeitalter der Gegenreformation in Polen und Böhmen bzw. im Habsburgerreich, aber auch im Zarenreich zu konfessionalistischer Verkennung97 und im Zeitalter der Aufklärung zu rationalistischer Missachtung. Der widersprach Johann Gottfried Herder deutlich, womit er eine Neubesinnung einleitete. Das 19. und das 20. Jh. sahen jedoch einseitige Inanspruchnahmen unter nationalen, pädagogischen und politischen Gesichtspunkten, denen die Comeniusgesellschaft, die 1891 in Berlin begründet wurde, zu wehren versuchte. Ein neues, umfassenderes Bild seiner Leistung als Gelehrter, der zugleich Geistlicher, Philosoph, Sprachwissenschaftler98 und Pädagoge war, zeichnet sich seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in Erschliessung wesentlicher neuer Text-Funde ab, darunter des Hauptwerks, der Allgemeinen Beratung, sowie auch eines Corpus von z. T. sehr persönlich gehaltenen, handschriftlich verbliebenen Notizen, die nun unter dem Titel Clamores Eliae99 veröffentlicht sind.
Abschließend sei die Würdigung mitgeteilt, die der 24jährige junge Leibniz dem im Alter von 78 Jahren Verstorbenen auf die Todesnachricht hin widmete100.
Fortunate senex, veri novus incola mundi,
Quem pictum nobis jam tua cura dedit:
Seu res humanas insanaque jurgia, liber
Despicis, et nostris usqve movere malis;
Sive Apicem Rerum et mundi secreta tuenti,
Interdicta solo, nunc data Pansophie;
Spem ne pone tuam, superant tua carmina mortem
Sparsaqve non vanè semina servat humus.
Posteritas non sera metet, jam messis in herba est,
Articulos norunt fata tenere suos.
Paulatim natura patet, felicibus unà
Si modò conatùs jungimus, esse licet.
Tempus erit qvo te, COMENI, turba bonorum,
Factaqve, spesqve tuas, vota qvoqve ipsa, colet.
Fußnoten
1 In älterer und in preußischer Zeit Lissa.
2 Zu des Comenius᾿ Zeiten etwa der international ausgebildete, aus Schottland stammende Arzt John Jonston; zeitgleich und nach ihm bedeutende Schulleiter wie der Historiker Andrzej Węgierski und der Comeniusenkel und spätere Berliner Hofprediger Daniel Ernst Jablonski; im 19. und 20. Jh. der dann in Prag lehrende Pädagogikprofessor Otto Willmann und der Sprecher des deutschen Judentums in NS-Zeit Leo Baeck.
3 Wie er berichtet auf Anraten seines Stadtgrafen, der seine bereits früh weit über die Stadt hinausweisende Gelehrsamkeit international bekannt gemacht sehen wollte. Den Beinamen Amos gab er sich selber in der Přerover Zeit. Die bislang umfassendste Biographie: Milada Blekastad: Comenius. Versuch eines Umrisses von Leben, Werk und Schicksal des Jan Amos Komenský, Oslo-Praha 1969, wo sich detailreiche Erläuterungen zu allen Lebensphasen finden; eine Übersicht bietet Veit-Jakobus Dieterich: Johann Amos Comenius, Reinbek 1991; vgl. in Polnisch zuletzt Manfred Richter: Jan Amos Komeński w Polsce. Krótki zarys życia i działalności, Sankt Petersburg 2015; ders.: Jan Amos Komeński. Zarys biograficzny, Siedlce 2016.
4 In drei Perioden: 1628-1641; 1648-1650; 1654-1656. Die Zwischenzeiten, in denen die Beziehungen zu Familie und Kirche in Leszno immer aufrechterhalten blieben, waren durch dringliche Berufungen nach anderen Orten bedingt, aus denen er dann zweimal nach Leszno zurückkehrte: London – Elbląg – Saros Patak (Siebenbürgen).
5 Bei einer geschätzten Gesamtzahl von über 400 Titeln, teilweise bereits zu Lebzeiten in großen Auflagen gedruckt, teils jahrhundertelang ungedruckt oder verschollen geglaubt, wird seit 1969 von der Tschechoslowakischen (später: Tschechischen) Akademie der Wissenschaften zu Prag eine kritische Gesamtausgabe herausgegeben: Dilo Jana Amose Komenskeho (DJAK) / Opera Omnia (OO).
6 Hier konnten sich Lutheraner und Utraquisten lose verbinden unter der sog. Confessio Bohemica 1575, die Rudolph II. schließlich 1609 anerkannte, wobei diese zugleich für Schlesien zur Geltung kam. Auch die Brüderkirche kam nun in den Genuss der hier erstmals in Europa verkündeten Gewissensfreiheit, so kurz diese Phase auch andauerte.
7 Vgl. zu diesem Zusammenhang und zu dem mit dem Hussitismus und den anderen Reformationen sowie zur spezifischen Situation in Mähren neben Blekastad u. a. Jaroslav Pánek; Joan [sic] Amos Comenius1592-1670. Lehrer der Nationen, Košice-Prag 1971, S. 7-17.
8 Vgl. die Übersicht von H. Zimmermann: Art. Österreich, [in:] RGG, Bd. 4, Aufl. 2, 1960, Sp. 1591.
9 Norbert Conrads: Deutsche Geschichte im Osten Europas. Schlesien. Berlin 1994, S. 198 ff; Peter Hauptmann: »Von der Reformation wurde Schlesien früh und durchgängig erfasst«, [in:] Art. Schlesien, RGG, Bd. 7, 4. Aufl., Tübingen 2004, Sp. 920; zum Breslauer Domstift, wo man zeitweise die communio sub utraque (Empfang des Abendmahls unter beiderlei Gestalt) praktizierte, vgl. Joachim Köhler: Art. Breslau I, [in:] ebd., Bd. 1, 4. Aufl., 1998, Sp. 1754 f. Im Unterschied zum Vorgehen Habsburgs in Böhmen-Mähren war bis ins 17. Jh. hinein »der konfessionelle Alltag in Schlesien lange von seiner Fähigkeit der Kompromissfindung geprägt« (Conrads, Deutsche Geschichte im Osten Europas, S. 262).
10 Näheres zur Familie und Erziehung bei Boris Uher: Jan Amos Komenský. Comenius – Lehrer der Völker, Basel 1991.
11 Zu jener Zeit war die Brüder-Unität stärker am Calvinismus als am Luthertum orientiert, so dass man dessen Hochschulen bevorzugte.
12 Zur Joannea und der dortigen Studiensituation sowie zu Heidelberg vgl. Manfred Richter: Johann Amos Comenius und das Colloquium Charitativum von Thorn 1645. Ein Beitrag zum Ökumenismus, Siedlce 2013 ( Labyrinthi Bd. I), S. 52-57 bzw. analog Polnisch in Richter, Jan Amos Komeński. Zarys biograficzny. Alsted (Alstedius), der seinem herausragenden Schüler zum Abschied ein Gedicht widmete, hatte das Weltende auf das eines der letzten Jahrhundert-Jahrzehnte berechnet, was lebenslang Comenius zu aktiver Vorbereitung darauf anspornte. Daraus entwickelte sich seine Konzeption einer »Allgemeinen Beratung« zur »Verbesserung der menschlichen Angelegenheiten« (De rerum humanarum emendatione consultatio catholica), wie er sein Spätwerk überschreibt. Vgl. die Monographie von Howard Hotson: Johann Heinrich Alsted, Oxford 2000 sowie u. a. Rüdiger Störkel: Comenius und Herborn, [in:] Studia Comeniana et Historica (StCH) 79 (Festschrift Werner Korthaase), Uherský Brod 2008, S. 528-547.
13 Hierzu Wouter Goris: The Transzendental Stance. John Henry Alsted and the Metaphysics of Comenius, [in:] Wouter Goris u. a. : Gewalt sei ferne den Dingen! Contemporary Perspectives on the Works of John Amos Comenius, Wiesbaden 2016, S. 107-134.
14 Theatrum universitatis rerum, ergänzt durch ein auf die Bibel bezogenes Theatrum divinum. Ein besonderes Lieblingsprojekt, an dem er jahrzehntelang arbeitete, bis ihm, noch unvollendet, das MS in Leszno verbrannte (1656), war der Thesaurus linguae Bohemicae – ein Anliegen auch humanistischpatriotischer Gesinnung, wie sie zu gleicher Zeit in Schlesien vielfach blühte. Dazu vgl. Klaus Garber, der hervorhebt, wie diese humanistische Orientierung in beiden Konfessionen galt: Das alte Breslau. Kulturgeschichte einer Metropole, Köln-Weimar-Wien 2014, bes. S. 241 ff. und 281 ff.
15 Zu Friedrich V. Kurfürst von der Pfalz, dann von den böhmischen Ständen 1619 zum König gewählt (dem auch Schlesien huldigte), der jedoch »nur einen Winter« zu regieren vermochte, vgl. Peter Wolf u. a..: Der Winterkönig Friedrich von der Pfalz. Bayern und Europa im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, Augsburg 2003. Vgl. Diarmaid McCulloch: Die Reformation 1490-1700. München 2003, S 641f. beschreibt die europaweiten protestantischen Hoffnungen, die sich mit dieser Heirat verbanden.
16 Sein Irenicum sive de Unione et synodo Evangelicorum concilianda (1614) strebte eine synodal verankerte protestantische Union unter Leitung des pfälzischen Kurfürsten an, um der vordringenden Gegenreformation entgegenzuwirken, eine Bemühung, die vom deutschen Luthertum nicht erwidert wurde. Diesen innerprotestantischen »Irenismus« teilte er stets, ja, er versuchte ihn auf die gesamte Ökumenische auszudehnen, wie bereits in seinen Schriften zum Colloquium Charitativum zu Thorn 1645.
17 Hier arbeitete er erstmals Regeln zum Latein-Sprachunterricht aus. Auch reagierte er auf die erkennbar sich zuspitzende kirchenpolitische Gefährdung durch die Politik Habsburgs unter Matthias mit einer Schrift (wohl als Co-Autor) Retunk protí Antikristu.
18 Den kaiserlichen Söldnern folgten die Jesuiten nach, die die protestantischen Schriften gezielt vernichteten.
19 Truchlivy. Literarisch als Dialog der betrübten Seele mit dem Verstand, der zu verstehen sucht, gestaltet. Auch die Schrift Centrum securitatis gehört hierhin: Gott als Zentrum der Sicherheit ist eine »uneinnehmbare Burg«, wie eine weitere der Schriften jener Jahre überschrieben ist. – Eine weitere Studie, Antiquitates Moraviae, die nicht erhalten ist, galt der Geschichte des Hauses Żerotin, seiner späteren Gastgeber.
20 1623 Tschechisch, im Schutze des mährischen Magnaten Żerotin d. Ä. auf Burg Brandys. Literarisch gibt es Abhängigkeiten von Schriften des württembergischen Lutheraners (und Autors der anonym hg. Rosenkreuzerschriften) Johann Valentin Andreae. Zu ihm nahm er bald schriftlichen Kontakt auf. Zur Form- und Inhaltsanalyse Richter (2013), S. 60-69.
21 Einzelheiten hierzu berichtet Milada Blekastad, Comenius, S. 125-130.
22 1595-1647. Schon zuvor hatte Comenius Erfahrungen mit Eingebungen und Visionen der Christina Poniatowska, Tochter eines brüderkirchlichen Lehrers, die er, als sie verwaist war, in seinen Haushalt aufnahm. Mit dem Theologie-Professor Pelargus in Frankfurt a. O. beriet er sich über die zunächst skeptisch gesehene Möglichkeit aktueller Offenbarungen, die dieser bejahte – ein ihn lebenslang begleitender Problemkreis.
23 Jakob Böhme, 1575-1624.
24 Der Förderer und dann Biograph des Mystikers Johannes Scheffler.
25 »Aus Gott geboren, in JHSVM gestorben, mit dem heiligen geiste [sic]versiegelt, ruhet allhie Jakob Böhme.« Lutherische Eiferer hatten es mehrfach geschändet, so dass kurioserweise der kaiserliche Statthalter und Förderer der Gegenreformation in Schlesien die Grabesruhe herstellte (zu diesem vgl. Conrads, Deutsche Geschichte …, S. 273). – Zu gleicher Zeit, im Sterbejahr Böhmes und ein Jahr nach des Comenius Dichtung in tschechischer Sprache erschien von dem in Bunzlau geborenen Martin Opitz, derzeit ausgerechnet beim Kammerpräsidenten, dem gewalttätigen Förderer der Gegenreformation Hannibal von Dohna, Sekretär, mit dem Comenius, auch noch später in Danzig, in Kontakt trat, das bahnbrechende Buch von der deutschen Poeterey, das die Muttersprache nun auch für die Dichtung in Deutschland in Anspruch nahm.
26 Conrads, Deutsche Geschichte, S. 280.
27 Pfarrer, mit der Tochter des Bürgermeisters von Goldberg Georg Vechner verheiratet, deren Brüder Pädagogen am Beuthener »Schönaichianum« waren, von wo Verbindungen zu Brüderunität und zu Comenius anhielten. So zu Caspar Dornau.
28 Vgl.: Konfessionelle Vielfalt und kulturelle Blüte. Lissa als Zentrum der Brüder-Unität in der Frühen Neuzeit, [in:] Joachim Bahlcke, Bogusław Dybaś, Hartmut Rudolph: Brückenschläge. Daniel Ernst Jablonski im Europa der Frühaufklärung, Dössel 2010, S. 52-69.
29 Durch eine Klage des Poznaner [Posener] Bischofs später rückgängig gemacht, Anzeichen eines gegenreformatorischen Stimmungsumschwungs nun auch in Polen.
30 Sogar bestand vorübergehend der Plan, eine den im Consensus Sendomirienis von 1570 verbundenen drei evangelischen Kirchen gemeinsame Hohe Schule zu begründen, der jedoch ebenso scheiterte wie ein entsprechender Versuch für Thoruń [Thorn].
31 Vgl. Conrads, Deutsche Geschichte, S. 276 f. Hier wird als Beispiel erwähnt, dass aus der 4000-Einwohner-Stadt Guhrau drei Viertel der (evangelischen) Bevölkerung nach Polen flohen – damals noch weit toleranter als alle Territorien im Reich.
32 Dybaś, Brückenschläge, S. 60.
33 Es gab eine formelle Einigung über gegenseitige Anerkennung 1633. In der Schule legten deutsche lutherische Eltern Wert auf die Person von Comenius als späterer Schulleiter (seit 1637/38), der dieses garantierte.
34 Auch nachdem er selber 1642 zum Katholizismus konvertierte, was ihm höchste Ämter zugänglich machte, beschützte er die Protestanten.
35 Auf diese ethische und konfessionelle Vielfalt verwies bereits in kommunistischer Zeit ein Symposion zum 450. Stadtjubiläum von Aloysi Konior im Lesznoer Kulturverein unter besonderer Hervorhebung von Comenius sowie Jolanta Dworzaczkowa: Bracia czescy w Wielkopolsce w XVI i XVII wieku, Warszawa 1997.
36 Dybaś, Brückenschläge, S. 60.
37 Ebd.
38 Ryszard Biberstajn: Jan Amos Komeński a drukarstwo Leszczyńskie w XVII wieku, [in:] Studia Comeniana Sedlcensia, t. 3, Siedlce 2010, S. 293-298. – Leiter der ersten brüderischen Druckerei war Mateusz Krokoczyński und dann Daniel Vetter, zugleich international tätiger Verleger.
39 Am Ende wurde nur noch der Religionsunterricht, mit dem für Gesang verbunden, getrennt verlangt.
40 De prima philosophia.
41 Zu ihrem Verhältnis insgesamt vgl. die Studie von Michael Widmann: Wege aus der Krise. Johann Valentin Andreae und Johann Amos Comenius, Epfendorf 2011.
42 Didactica, gen. Böhmische Didaktik, diese gedruckt erst 1849 – »nun aber auf den Rat etlicher ehrenwerter Männer ins Lateinische übersetzt, damit sie, wenn möglich, der Allgemeinheit von Nutzen sei« (Didactica Magna, An den Leser Nr. 16).
43 Er verweist dabei selber auf Vorlagen anderer, die aber erst er systematisiert habe. Dieses Werk erhielt bald zahlreiche Neuauflagen, auch zwei Bearbeitungen, und wurde in die verschiedensten Sprachen übersetzt. Es machte ihn zum europaweit berühmten Autor.
44 1633, bald auch auf Deutsch als Informatorium der Mutterschul.
45 1633. Hier vertritt er seine »Mosaische Physik« mit den drei Prinzipien Stoff, Geist und Licht. Vgl. Jaromir Červenka: Die Naturphilosophie des Johann Amos Comenius, Prag- Hanau 1970.
46 Die Schrift ist nur holländisch erhalten als Basuine des genaden jaar (1631-1632).
47 Diese ebenfalls tschechische Schrift von 1632 (gedruckt erst 1893) beschreibt die erhoffte Wiederherstellung Böhmen-Mährens durch das wiedererrichtete und verbesserte Schul- und Kirchenwesen – als eines paradisus renascentis ecclesiae. Karl Eugen Langerfeld sieht darin eine Vorform der Panorthosia: CJ 19 (2011), S. 54-89 = in Swetlana Martschukowa (Red.): Nasledije… , St. Petersburg 2012, S. 52-91.
48 Richter, Jan Amos Komeński w Polsce, hier: Od autora und Leszno – druga ojczyz[s –danke!]na Jana Amosa (1628-1641), S. 7-40. Dort weitere Informationen zu Leszno, zum dortigen Schulwesen und zu seiner Tätigkeit in dieser Phase.
49 Zuvor taucht diese Namensform nur auf der von ihm in Untergrundzeiten erstellten Landkarte von Mähren auf (1627). – Er hatte sich sehr schnell die polnische Sprache angeeignet. Er zitierte polnische Autoren wie Kochanowski und hatte Kontakt zu solchen, so dass er, z. T. in Zusammenarbeit mit Andreas Węgierski, die Übertragung seiner Sprachwerke ins Polnische fördern konnte und die der Bibel ins Polnische (Danziger Bibel).
50 In der Brüderkirche haben wir ein Bischofsamt, das – ungeachtet der vermeintlichen Begründung in der sog. »apostolischen Sukzession« (wie römisch-.katholisch, aber auch anderwärts in reformatorischen Kirchen: anglikanisch, z. T. lutherisch) – geistliche Autorität ausschließlich geistlich ausübt, gemäß der reformatorischen Devise »sine vi sed verbo«. Daneben bestehen Laien-Senioren, zumeist aus dem Ritterstand genommen.
51 Vormalige Zentren wie Ostorog hatten nun an Bedeutung verloren.
52 »Jam inde a primordiis suae, hoc est anno 894, ad annum usque 1632 continuata« (zunächst tschechisch: Historia o têżkých protivenstvích, 1648 lateinisch gedruckt). Weitere geschichtliche Arbeiten wie eine historia profana sive politica, der Axiomata zur Geschichtsbetrachtung beigefügt sind, kommen hinzu.
53 Seine dankbare Bezugnahme auf Vorläufer in solcher Bemühung wie Vives, Erasmus und Melanchthon sowie Bodinus und viele andere spricht er immer aus. Zu Rathke (Ratichius) versuchte er in Kontakt zu treten: doch der antwortete auch auf dreimalige Anfrage nicht. Er hielt seine Konzepte geheim, um sie an Fürsten zu verkaufen, während Comenius den offenen Wissenschaftler-Austausch im Sinne der »Gelehrtenrepublik« praktizierte, wobei er finanzielle Probleme erlebte, da er sich nie um persönliche Vergütungen kümmerte. Diese »Öffentlichkeit« seiner Bemühung, verbunden mit der Aufforderung zu gegenseitiger Verbesserung, betont er im Gruß an den Leser (22-23) wie auch später immer wieder bei seinen Vorschlägen für eine Pädagogik- und Wissenschaftsreform.
54 Vgl. hierzu die Erwägungen von Alfred K. Treml in: Das Labyrinth der Welt und die Ordnung des deus secundus, [in:] Studia Comeniana et Historica (StCHist) 31 (2001), S. 47 f. Im Eingang zur Didactica Magna nimmt er den Ausgang von der Gottebenbildlichkeit des Menschen (Gen. 1, 27f.) und schildert die erneute Ermächtigung des Menschen aus seiner Einbeziehung in den neuen Adam, Christus. Die Pampaedia wird vollends sowohl Notwendigkeit wie Möglichkeit des Menschen, sein schöpfungsgemäßes Ziel zu erreichen, nachweisen. Klaus Schaller: Die Pädagogik des Johann Amos Comenius, 2. Aufl., Heidelberg 1967.
55 Vgl. Klaus Schallers gleichnamige Untersuchung dieses Begriffs bei Comenius, s’Gravenhage 1958.
56 Klaus Schaller: Die Pädagogik des Johann Amos Comenius, Heidelberg (1. Aufl. 1957) 2. Aufl. 1967, sowie seine Übersetzung der Pampaedia ins Deutsche, Sankt Augustin 1991. Eine aktuelle Interpretation findet sich in Swetlana Martschukowa: Raswitje idei pansofiinosti w pedagogitscheskich trudach Jana Amos Komenskogo, Siedlce-Berlin 2015 (Russ., Labyrinthi Bd. II).
57 Von daher die oftmals isolierte Hochachtung von Comenius als Didaktiker des Realienunterrichts bzw. des Anschaulichkeitsprinzips in der Schule (schon im 19. Jh. und in kommunistischer Rezeption, wie bei Robert Alt: »fortschrittliche Pädagogik«).
58 Es lag ihm eine sog. spanische Janua des irischen Autors William Bathe vor, die er jedoch als »ohne jede sachliche Ordnung« befand (vgl. Klaus Schaller: »Die Janua linguarum reserata« des Comenius – Bekanntes, Unbekanntes, Vergessenes, [in:] ders. (Hg.): Zwanzig Jahre Comeniusforschung in Bochum, Sankt Augustin 1990, S. 143 ff.
59 Erste Drucke 1633 in Gdańsk [Danzig] und Leipzig, zahlreiche Neuauflagen folgten. Man nannte sie »Goldene Janua«.
60 Es lässt sich von daher verstehen, worauf Roman Mnich eigens hinwies: dass es (neben Vertretern anderer philosophischer Schulen!) auffallenderweise drei Phänomenologen aus der Schule Edmund Husserls waren, die das Erbe des Comenius im 20. Jh. erneuerten: der Ukrainer Dmitry Tschischewskij, der Tscheche Jan Patocka und der Deutsche Klaus Schaller (Roman Mnich: Johann Amos Comenius versus Edmund Husserl und seine Schüler: ein Versuch der Gegenüberstellung, [in:] Goris u. a. (Hg.): Gewalt sei ferne den Dingen!, S. 221-.236.
61 Der Begriff der scientia weist auf die Objekterkenntnis, während der der artes bereits auf die Problematik des menschlichen Umgangs mit den Dingen hinweist.
62 Hier kann die Frage nach der Pädagogik bei Comenius nicht vertieft werden, zu der parallel zu Schaller (vgl. auch dessen Johann Amos Comenius. Ein pädagogisches Porträt, Weinheim u. a. 2004) insbesondere Franz Hofmann, Halle an der Saale (dieser unter den Restriktionen des DDR-Regimes) wesentlich beigetragen hat (vgl. schon Über den pädagogischen Gehalt des Lexikon reale pansophicum und SAL. Bildung zum vollen Menschentum. Eine pädagogische Betrachtung zu J. A. Komenskýs Spätwerk Triertium catholicum, [beides in:] Schaller u. a. (Hg.): Jan Amos Komenský. Wirkung eines Werkes nach drei Jahrhunderten, Heidelberg 1970, S. 74 ff. und 84 ff. ).
63 Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Erwin Schadel: Johann Amos Comenius. Pforte der Dinge. Janua rerum, Hamburg 1989, bezogen auf einen posthum erstellten Text von 1681. Hierzu vgl. auch den eingangs im Zusammenhang mit Alsted zitierten Aufsatz von Wouter Goris; zur »synkritischen« Erkenntnismethode vgl. Henk E. S. Woldring: Comenius‘ Syncritic Method of Pansophic Research between Utopia and Rationalism, [in:] ebd. S. 23-44.
64 Eine Zwischenform: Janua rerum sive otius pansophiae seminarium sive Praecognita Pansophica erläutert den Begriff: Vocamus pansophiam, i. e. omnisapientiam, quia eò, ut omnes homines, et circa omnia, et omnino sapere discant, collimamus (OO 14, S.13). – Weitere erläuternde Werke schlossen sich an, wie Pansophiae diatyposis oder Templi pansophici delineatio scenographica.
65 Vgl. Vladimír Urbánek: J. A. Comenius and the Practice of Correspondence Networking: between the Office of address and the Collegium Lucis, [in:] Goris u. a. (Hg.), Gewalt sei ferne den Dingen! , S. 291-308.
66 Zu Johnston vgl. Siegfried Wollgast: Johann Jonston – seine Verbindung zu Comenius und seine Stellung in der Wissenschaft, [in:] Kietzmann u. a. (Hg.): Türen nach Europa. Comenius-Tagung in Herrnhut 1992, S. 45-66.
67 Bis 1628. Es war eine Stadt, die als Hafenstadt offen für Glaubensflüchtlinge, Händler und Gelehrte internationaler Herkunft war, wie dort auch eine solche Vereinigung namens Antilia entstand. – Da sie, obgleich polnisch, unter schwedischer Aufsicht stand, versammelten sich dort böhmische Exulanten um Velen von Żerotin, um sich den Schweden für die Befreiung der Heimat anzuschließen (Blekastad, Comenius, S. 166 f.).
68 Hier zit. nach der Ausgabe von Herbert Hornstein: Vorspiele. Prodromus Pansophiae. Vorläufer der Pansophie, Düsseldorf 1963. Dies ist der Titel der zweiten Oxforder Auflage 1639.
69 Zu diesem Pansophie-Entwurf vgl. bei Richter, Jan Amos Komeński w Polsce, S. 23-40.
70 Es sind sowohl hochrangige anglikanische, wie presbyterianische Geistliche, so der Schotte John Dury (Duraeus), der auch schon in Elbląg [Elbing] als Prediger in der Fremdengemeinde gedient hatte.
71 Hg. und kommentiert von Uwe Voigt: Comenius. Der Weg des Lichts. Via lucis, Hamburg 1997.
72 Weiteres bei Richter, 2013, S. 95 ff.
73 Ein mit Hartlib in Beziehung stehender anderer Wissenschaftsvermittler der Zeit, Pater Mersenne OFM in Paris, hatte Descartes die Durchreise von Comenius signalisiert. Holländische Freunde vermittelten ein Gespräch dieser beiden, erstaunliches Faktum bei der Selbstisolation des Descartes. Hierzu und zum folgenden ebd., S. 102 ff.
74 Er hatte sein Geld durch Unterstützung schwedischer Waffenkäufe über Holland gemacht.
75 Zur konfessionellen Situation in Polen, wo es weitgehend vom König abhängt, wie weit die 1573 beschlossene Pax dissidentium eigehalten wird, vgl. Tomasz Kempa: Wobec kontrreformacji. Protestanci i prawosławni w obronie swobód wyznaniowych w Rzeczpospolitej w końcu XVI i w perwszej połowie XVII wieku, Toruń 2007. Zugleich war durch Władysław IV Wasa (reg. 1632-1648) eine Phase der Entspannung nach der stark jesuitisch geprägten Politik seines Vaters Zygmunt III Wasa eingetreten, befördert durch die Pläne Pater Magnis zur friedlichen Rekatholisierung durch überzeugende Dispute (»persuadere con ragioni«). In diesem Sinne war das »Colloquium Charitativum« nach Toruń [Thorn] 1645 einberufen worden. Hierzu die Monographie Richter, Johann Amos Comenius und das Colloquium, sowie verknappt [in:] Ders. Jan Amos Komeński w Polsce, hier: Elbląg – ekumeniczny dialog (1642-1645), S. 41-55 und Colloquium w Toruniu, S. 55-92. – Zur Geschichte Polens bis 1795 vgl. Norman Davies: God’s Playground. A history of Poland, Bd. 1, Oxford 2005.
76 Zugleich nämlich hatte er sein Sprachlehrbuch Novissima Methodus fertiggestellt. Wegen des Zerwürfnisses mit Schweden, wo nun strenge lutherische Religionspolitik ihn als Calvinisten verdächtigte (er wehrte sich zwar: er komme von Jan Hus!), wurde es von ihm in Polen gedruckt, 1648.
77 Da er noch zwei minderjährige Kinder, Susanna, geb. 1643, und Daniel, geb. 1646, zuhause hatte, entschied er sich nach einem Jahr zu einer dritten Eheschließung mit Johanna Gaiusová. Andererseits konnte er die Verheiratung seiner beiden älteren Töchter Dorothea und Elsbieta erleben – letztere mit Peter Figulus, einst Ziehsohn im Hause; diesem Paar entstammen die beiden Gelehrten Theodor und Daniel Ernst Jablonski, führende Mitarbeiter einst der Brandenburgischen Sozietät der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit Leibniz.
78 Noch standen schwedische Truppen in Prag – aber man ließ sich mit Gold auszahlen. Das empörte Comenius besonders. Freilich vermochten auch Mächte wie Brandenburg Habsburg nicht umzustimmen, sogar die Pfalz gab sich mit der Restitution der Kurwürde zuhause zufrieden.
79 Kšaft umírající matky (1650). Hierzu Manfred Richter: Comenius und der Ökumenismus heute. Versuch einer Würdigung und ein Vergleich, [in:] Roman Mnich, Werner Korthaase (Hg.): Jan Amos Komenskii i sytschasnostj (Ukr.), Drogobytsch 2005, S. 35-60.
80 Auch zu dem Kirchenkampf in England seit Cromwell hatte er Stellung genommen, eine mittlere Position einnehmend zwischen den radikalen Independenten und dem hochkirchlichen Anglikanismus, der durch Charles II. wieder installiert war: De Indepentia. Er plädiert für das Zusammenwirken aller drei klassischen Regierungsformen (Tyrannis, Aristokratie, Demokratie), um der Monarchia Christi Geltung zu verschaffen. – Seine Kontakte nach England ließen ihn auch dortige Sammlungen für die bedrängten Festlandsprotestanten unterstützen, um deren gerechte Aufteilung zwischen Polen und Ungarn er sich auch noch kümmerte.
81 Die politischen Kontexte, die bis zur Frage einer antihabsburgischen Allianz reichten, bleiben hier unerörtert.
82 Etwa: »Warum sind da Bürgersöhne mit denen der Adeligen zusammen?«
83 Vgl. Josef Nolte: Der universelle Humanismus des Johann Amos Comenius als Anhaltspunkt für eine europäische Kulturethik, [in:] Norbert Kotowski, Jan B. Lášek (Hg.): Comenius und die Genese des modernen Europa, Bayreuth 1991, S. 90-97; Uwe Voigt: John Amos Comenius‘ Cultura universalis – A challenge for the 21st Century? [in:] Goris u. a. (Hg.): Gewalt sei ferne den Dingen! , S. 199-207.
84 Erschienen erstmalig in Nürnberg 1658. – Alle diese Schulschriften wie auch die früheren wurden in Amsterdam 1657 in den Opera Didactica Omnia gemeinsam gedruckt, seither wiederum in der historisch-kritischen Opera Omnia – Ausgabe in den Bänden 15, I- IV.
85 Es wären weiter bemerkenswerte Niederschriften jener Jahre zu erwähnen. So eine Art soziologischer Untersuchung in Gentis felicitas.
86 In dieser Phase war Comenius vom Stadtpräsidenten, Johan Szlychting, gebeten worden, eine Bewillkommnung des schwedischen Herrschers zu schreiben. Er tat es in der Art der Fürstenbelobigung in Verbindung mit einer Fürstenermahnung, wie dies von Erasmus stilbildend eingeführt war – in seinem Panegyricus Carolo Gustavo. Lobrede auf König Karl X. Gustav, hg. und übers. von Jürgen Beer, Sankt Augustin 1997 (zum Vergleich mit Erasmus s. S. 17-24). – Die Schrift erschien anonym. Da eine Widmung vorangestellt war, die mit den Initialen V. T. L. B. de B. versehen war (Vaclav Theodor Liber Baro von Budova), hielt man diesen auch für den Autor. Dieser befand sich zu der Zeit in Frankfurt an der Oder und beherbergte Comenius sogleich nach dem Brand Lesznos, bevor ihn die Einladung nach Amsterdam erreichte. Diese Schrift hat zu massiven Fehlbeurteilungen des Comenius geführt, da sie als antipolnisch missverstanden wurde – bis man heute das Genus dieser Rede richtig einordnet und etwa durch Jolanta Dworzaczkowa anerkennt, dass es sich mehr um ein antihabsburgisches denn ein antipolnisches Manifest handelte. Im Gegenteil: Comenius rühmt die polnische Freiheitsliebe ausdrücklich und warnt den Schweden vor tyrannischen Eingriffen. Das Fehlurteil hat über Jahrhunderte hin zu nationalistischer oder konfessioneller Polemik oder einfach zum Übergehen des Comenius in Polen beigetragen, den man erst heute wieder als einen seiner größten Gelehrten wiedererkennt (vgl. die Dokumentationen einer Serie von Symposien in Siedlce, hg. von Barbara Sitarska und Roman Mnich in den Studia Comeniana Sedlcensia (StCSedl.), t. I-IV).
87 Offensichtlich in antiprotestantischem Ressentiment von katholischen Freischärlern im Zuge der Abwehr der Schweden bei Jasna Góra 1656.
88 Fast möchte man bedauern, dass unter den erhaltenen solche waren, die die zwiespältige Frage der »Offenbarungen« lebender Zeugen betrafen. Er nahm es als Fingerzeig, deren Veröffentlichung zu betreiben.
89 Die erwähnten Opera Didactica Omnia, (ODO), Amsterdam 1657.
90 In den Opera Omnia 15/I-IV. –Hierauf weist zurecht Andreas Lischewski in seinem Beitrag zur Festschrift Werner Korthaase: Kurzer Abriss der Geschichte der deutschen Comeniologie. Historische Hinweise zum Bewertungskontext der Consultatio Catholica, [in:] StCHist 79 XXVIII 2008, S. 589-608.
91 Dieser Schriftenkomplex wurde erst durch Erwin Schadel umfassend ediert und kommentiert: Antisozinianische Schriften, 3 Bde., Frankfurt am Main u. a. 2002. 2008.
92 Der tschechische Historiker Gindely bezeichnete ihn einmal als »Großalmosenier« seiner Kirche.
93 Dieses Werk, das verschollen geglaubt, von Dmitry Tschischeswskij 1934/35 in Halle an der Saale aufgefunden wurde, erschien erstmals in einer Editio Princeps 1966 in Prag (mit Epilogus von Jan Patocka); Neuedition in den Opera Omnia Bd. 19, wovon 19/I soeben, 2014, erschien (ediderunt Martin Steiner et al.).
94 Andere biografische Quellen finden sich in seiner Korrespondenz mit dem Drucker Petrus Montanus sowie im Kontext von Rechtfertigungen oder der Zurückweisung von Unterstellungen, etwa gegenüber den Theologen Arnold und Maresius. Das Genus einer Autobiographie sei es im humanistischen oder romantischen Sinne findet sich bei Comenius nicht.
95 Dazu gehören, neben der mühsamen Erstellung des MS eines Gesamtverbunds der Teilwerke und mancher Fragmente zur Consultatio, die Herausgabe seines Triertium Catholicum, und einer letzten Fassung seiner Janua rerum 1681. – Die Edition der Predigten bleibt zumindest für eine deutsche Ausgabe ein bislang unerfülltes Desiderat (vgl. zur Problematik Karl-Eugen Langerfeld: Die Predigten des Johann Amos Comenius. Ihre deutsche Edition als Aufgabe, [in:] Festschrift Werner Korthaase, StCHist 79 XXXVIII 2008.
96 Zur Rezeptionsgeschichte vgl. Richter, 2013, S. 401-437 (dort 438 ff. auch Register und Lit.).
97 War er bei den einen als Protestant verdächtigt, bei den protestantischen Großkirchen jedoch als freikirchlicher Außenseiter gesehen, so wurde er von den Russen als Slawophiler vereinnahmt (vgl. Roman Mnich: Jan Amos Komeński i Rosyjski Kościoł Prawosławny, [in:] StCSedl IV 2012, S. 117-125).
98 Speziell hierzu vgl. Andreas Fritsch: Comenius und das Problem der Vielfalt der Sprachen, [in:] Goris u. a. (Hg.): Gewalt sei ferne den Dingen! , S. 311-321.
99 Opera Omnia (OO) 23. – Um diese neue Gesamtsicht bemüht sich, in Zusammenarbeit mit den befreundeten Comenius-Initiativen in Europa und anderswo, die 1992 neu begründete Deutsche Comenius-Gesellschaft.
100 »In Comenii obitum. Versus quos Hesenthalero misi.« (Magnus Hesenthaler war ein Tübinger Professor, der ihn darum gebeten hatte). Vgl. zur Überlieferung Hartmut Hecht: Die Handschriften des Leibnizschen Gedichtes auf Johann Amos Comenius, [in:] Comenius-Jahrbuch (CJ) 1993, S. 83-90. Es handelt sich um die in der Akademie-Ausgabe aufgenommene Version. Dort vom Verfasser des Aufsatzes eine Übertragung ins Deutsche S. 84f.: »Glücklicher Greis, der wahren Welt neuer Bewohner/ Deren Bild uns deine Fürsorge schon gegeben hat: / Sei es, dass du auf die menschlichen Dinge und törichten Streitigkeiten unbefangen / Herabsiehst und von unserem Leid doch immer noch bewegt wirst; / Sei es, dass dem den Gipfel der Dinge und die Geheimnisse der Welt Schauenden, / Die auf Erden versagte Pansophie jetzt gegeben ist; / Lass die Hoffnung nicht fahren, deine Worte überwinden den Tod. / Denn den nicht vergebens ausgestreuten Samen bewahrt die Erde. / Bald schon werden die Nachfolgenden den Ertrag einbringen, die Ernte steht schon im grünen Halm, / Das Schicksal kann den Zeitpunkt der Reife nicht aufhalten. / Allmählich offenbart sich die Natur, und mit den Glücklichen vereint zu sein, / Ist uns vergönnt, wenn wir unsere Bestrebungen vereinen. / Die Zeit wird kommen, in der dich COMENIUS die Schar der Guten / Sowie deine Werke und Hoffnungen, und selbst deine Sehnsüchte ehren wird.«